Tja - dann wollen wir doch auch mal...
... Erfahrungen teilen. Und zwar die mit Cyberpunk 2077. Keine wesentlichen Spoiler. Versprochen. Zur Sicherheit: "Ich hab die Version 1.04 gespiel."
Auf das Spiel habe ich mehr als ungeduldig gewartet. Ist ja schliesslich von den Machern der Witcher-Reihe. Und die wissen wie man ein gutes RPG macht. So dachte ich bisher. Und? Können sie es immer noch bei CD-Projekt? Ja, sie können es! Aber...
...jetzt wird's etwas länger. Also wenn Ihr den Grund für mein "aber" wissen wollt, scrollt runter da steht er. Den Grund meine ich, aber Vorsicht: Spoiler!
Bugs? Jahahahaaa, aber ausser an ein oder zwei Stellen keine Spielstopper und selbst bei denen hilft in der Regel ein "Saven, raus zum Desktop und Reload", um sie zu beheben. Die Mainstoryline lässt sich mit Ausnahme von zwei Stellen an denen sich Türen bzw. Übergänge nicht öffnen, die es eigentlich automatisch tun sollten völlig smooth durchspielen. Die zwei Stellen können allerdings schon nerven, weil sie an den zwei Stellen auftreten, wo Zeit eine Rolle spielt, aber - siehe oben - mithilfe eines Saves, den man dann wieder lädt, haben sich die Probleme nach ein zwei Anläufen beheben lassen. Will sagen, die "Tore" haben sich dann doch geöffnet. Also alles in allem kein absolut bugfreies Erlebnis, aber durchaus akzeptabel.
Location und Stimmung: Postapokalyptisches Szenario in einer etwas düsteren und gleichzeitig sehr knalligen Stadtwelt mit ein wenig an Mad Max erinnernden Gebieten ausserhalb der Stadtgrenzen. Die Stadt ist stimmig belebt und "der Punk" geht ab. Es ist also wirkich was los und die Bevölkerung steht nicht einfach dumm rum, sondern ist unterwegs und man kriegt Gespräche und Begegnungen mit, die sich erst ab etwa der Mitte des Spiels anfangen zu wiederholen. An fast jeder Ecke warten kleine und grössere Aufträge und Nebenquests. Zu Beginn ist man noch auf ein begrenztes Gebiet beschränkt. Nach Abschluss des ersten grossen Quests, ist das gesamte Gebiet - also Stadt und Aussengebiet völlig frei erkundbar. Prädikat: Wertvoll!.
Story: Spitze, wie nicht anders erwartet. Beim Einstieg, kann man sich zwischen drei Hintergründen entscheiden. Ich verallgemeinere jetzt mal ein wenig, um nicht zu spoilern. Hintergrund 1: Nomade. Also ein "Landei". Hintergrund 2: Stadtmensch als "Kind der Gosse". Und Hintergrund 2: Stadtmensch als Mitglied der Oberklasse. (2 und 3 hab ich noch nicht gespielt).
Nach einem Prolog, der je nach Hintergrund komplett unterschiedlich daher kommt, kann man sich für ein Tutorial entscheiden, oder es lassen und dann beginnt das eigentliche Spiel mit dem ersten Teil der Mainquest. Man lernt die ersten wichtigen Protagonisten kennen und es geht los. Insgesamt hat die Geschichte kaum Schwächen ist schlüssig aufgebaut und lässt einem etliche Freiheiten bei der Lösung. Grundsätzlich sollte es sogar möglich sein, die Mainquest praktisch fast gewaltfrei zu spielen. Das setzt allerdings eine sehr, aber schon wirklich sehr gute Stealth-Fähigkeit voraus. Und man selbst muss sich auch etliche Gedanken machen, wenn man durch ein von Überwachungskameras kontrolliertes und von bösen Gaunern verseuchtes Gebiet schleicht, wie man an dem ganzen Mist ungeschoren vorbei kommt. Ich hab das einige Male ausprobiert und es hat meist - mit ein oder auch mal zwei Anläufen - recht gut geklappt. Nur wenn man jemanden aus "Feindeshand" befreien und sicher rausbringen soll, ist das nicht immer machbar, denn manchmal muss man mit dem Opfer durch das eben gerade erst erfolgreich durchschlichene Gebiet wieder zurück und hat keinen "Hinterausgang". Und wie es halt so ist mit den Befreiten, die werden dann von den Bösen gesehen und.... fertig lustig. Das Ganze noch mal von vorn.
Zurück zur Story. Entscheidungen beeinflussen den Storyverlauf, wie und mit wem man zusammenarbeiten kann, wer einem hilft und wer nicht, etc. Und nicht nur ein wenig, sondern durchaus bis hin zum Ende des Spiels. Die Geschichte ist in mehrere Teile mit jeweils einem Kulminationspunkt am Schluss unterteilt und ist sauber gegliedert. Entscheidungen - sieh oben - haben Folgen und diese Folgen sind auch glaubhaft und nicht einfach so "hingeklatscht".
Insgesamt also eine gute, stimmige Geschichte mit Zwischenhöhepunkten und einem "fetzigen", aktionreichen Ende, das sich abhängig von den Entscheidungen, die man vor dem Ende treffen muss unterschiedlich spielt.
Prädikat: Besonders wertvoll.
Spielmechanismen: Naja - ein Rollenspiel. Man erstellt einen Charakter, mit Talenten und Fähigkeiten, die man durch Benutzung ausbauen kann. Es gibt fünf Attribute. Zu Beginn hat jedes Attribut drei Punkte und man erhält sieben Punkte, um sie zu verteilen. Die Fähigkeiten sind dann noch nicht ausgebaut. Die fünf Attribute sind...
Reflex: Beinhaltet und beeinflusst die Fähigkeiten Gewehre, Handfeuerwaffen und Klingen.
Technik: Da ist der komplette Herstellungsbaum drin. (Ja, man kann basteln). Und natürlich die eigentlichen Techie-Fähigkeiten, die - wenn ich mich nicht irre - alle passiv sind und z.B. die Waffenwirkungen von Schusswaffen oder Granaten verbessern oder verändern.
Konstitution: Beinhaltet und beeinflusst die Athletik, also alles was irgendwie mit Stärke, Ausdauer, Gesundheit etc. zu tun hat. Ausserdem gibt's da noch die Vernichtung (alles was mit schweren Waffen, wie Maschinengewehren oder Schrotflinten zu tun hat) und die Strassenschlägerei (Stumpfe waffen und der waffenlose Kampf)
Intelligenz: Ja, wir sind jetzt sozusagen beim "Magier". Bloss moderner halt. Hier sind "Breach-Protokoll" und "Quick-hacks" drin. Mit denen kann man - vereinfacht ausgedrückt - Gegner und gegnerische Systeme hacken. Hacken? Naja - man klinkt sich in einen Zugangspunkt ein, hackt ihn und holt dem Gegner z.B. die Kohle vom Konto. Oder man scannt einen Gegner, stellt fest, dass der Hardware in seinem Körper hat, hackt dieselbe und jagt ihn dann z.B. mit seiner eigenen Hardware in die Luft. Hab ich nur im Tutorial ausprobiert. Ist mir zu langsam und bringt vielleicht bei ein oder zwei Gegnern etwas, aber bei einer Horde von zwanzig übers Gebiet verteilten bösen Jungs und Mädels geht einfach nichts über einen breit gestreuten Kugelhagel gewürzt mit ein paar Granaten, um die Angelegenheit schnell und - ich geb's zu - ziemlich unsauber zu regeln.
Bleibt noch die Coolness: Hier drin ist einmal die Fähigkeit Stealth. Was die macht, brauche ich wohl nich zu erklären. Wieso hier auch die "Kampfmaschine" drin ist, entzieht sich meinem Verständnis, denn damit werden hauptsächlich einzelne Facetten eines Kampfes, wie z.B. der Kopfschussschaden oder der Schaden von hinterhältigen Angriffen beeinflusst. Vielleicht weil es Cool ist, sich an jemanden anzuschleichen (Stealth), ihn zu packen und ihm dann das Genick zu brechen. Die Anim ist übrigens wirklich schon sehr cool und - vor allem - verdammt nahe an der Realität. Da hat wohl jemand etliche Actionstreifen geguckt, bevor er die Anim gecodet hat.
Was gäbe es sonst noch zu den Mechanismen zu sagen? WASD-Steuerung für fast alles. Leider auch für Autos und Motorräder. Bis ich "geschnallt" hatte, das man beim Auto- und Motorradfahren aus der First-Person in die Third-Personansicht wechseln kann, habe ich Autos und Maschinen - und dabei leider auch meist mich selbst
- geschrottet, als würde es morgen verboten.
Ach ja, man kann schwimmen und tauchen. Beim Tauchen läuft ein Zähler... von wegen Luft und so. Und wenn mann keine Luft mehr hat? Naja - besser vorher auftauchen, sonst ist's Essig mit dem am Leben bleiben, gell?
Über Grafik, Texturenqualität, RTX, etc. kann ich leider nicht so viel sagen. Mein Rechner ist zwar immer noch guter Durchschnitt, aber halt doch schon ein paar Jahre alt. Mir persönlich -und vor allem meinem Rechner - reicht die Qualität auf mittleren Einstellungen völlig aus. Und die ist schon verdammt gut.
Bleibt noch mein abschliessender Eindruck und die Erklärung für's
A B E R !!!!
Vorab nur soviel: "Das ist das erste Spiel von CD Projekt, das ich nicht sofort wieder angefangen habe, nachdem ich damit durch war. Und das will was heissen bei einem Spiel, das qualitativ ohne Probleme mit allen bisherigen AAA-Titeln, die ich gezockt habe mithalten, ja die meisten sogar übertreffen kann. Das Game ist nämlich wirklich der Hammer."
Ja, es gibt ein "Aber" und das betrifft das, oder besser gesagt die Enden des Spiels. Nicht dass da irgendetwas an der Qualität oder der Stimmigkeit zu mäkeln wäre. Nein - absolut nicht! Handwerklich sehr, sehr gut gemacht und perfekt in die Storyline integriert.
Nur, dass ich mit keinem der Enden so wirklich klar komme. Ja, ich habe sie alle gespielt und nein ich habe deshalb nicht das ganze Spiel nochmal gezockt, sondern einfach vor dem Schluss einen Speicherstand angelegt. Alsdann - was nervt mich an den Enden? Ganz einfach - ich hasse es, wenn mein über die Spielzeit lieb gewonnener Charakter am Schluss machen kann, was er will und trotzdem als Perspektive nur den Tod erhält. Nein - nicht den sofortigen wie bei ME 3, sondern - viel schöner - einen verzögerten Tod. Klasse, oder?
Egal - wie man sich am Ende entscheidet - ja, die Enden sind abhängig von einer Entscheidung am Schluss und man erhält auch nicht zwingend alle Enden angeboten. Welches und ggf. wie viele Enden zur Verfügung stehen, hängt von den Entscheidungen im Spiel ab, aber ich hatte alle fünf zur Auswahl. Also nochmal - egal wie man sich entscheidet, dem liebgewonnen Charakter wird zwar immer noch eine Alternative angeboten - in einem Fall sogar der Suizid mittels Knarre (Super, oder nicht?
) - aber, wenn man sich dafür entscheidet weiter zu leben, dann kriegt man - egal bei welchem der verbleibenden vier Enden - die Nachricht vor den Kopf geknallt, dass man dann halt nur noch 6 Monate zu leben hat.
Ja, man hat die Möglichkeit zu entscheiden sich stattdessen als in Codezeilen übertragenes Bewusstsein in den Cyberspace zu begeben und einem Alter Ego seinen Körper zu überlassen, das dann damit normal (ohne 6 Monate) weiterleben kann. Bloss das Alter Ego bin halt nicht ich, sorry ist nicht mein Charakter. Und das NERVT KOLLOSSAL!!
Tja - ich hab mich vor diesem Beitrag in ein, zwei einschlägigen Foren umgesehen. Ich bin nicht der Einzige, den das nervt. Vielleicht hat CD-Projekt ja ein Einsehen und schiebt eine Variante nach, mit der man es irgendwie doch hinkriegt, den Krebs zu besiegen und überlebt. Wäre schön, aber wäre, hätte Fahrradkette... ich glaub nicht dran und werd Cyberpunk, jetzt wohl erst mal von meinem Rechner runterschmeissen. Schade, weil das Teil ist wirklich ein Hammerspiel.